DIE BLECHTROMMEL
von Günter Grass / Theaterfassung: Oliver Reese
Für den Theatersommer dramaturgisch und szenisch eingerichtet von Peter Kratz
Skurriles, Menschliches und Abgründiges
INSZENIERUNG: Peter Kratz
KOSTÜME: Penelope Coçar
BÜHNE: Enno Craiss
MIT: Bernhard Linke
MUSIK: Josephine Tancke (Sound-Noise-Voice-Live)
KONZEPTION/INHALT
Oskar Matzerath: ein Name wie ein Gewittersturm. Unerhört, unbändig, unbequem – das sonderbare frühreife Kind Oskar treibt und trommelt all die scheinbar Erwachsenen vor sich her. Seines Zeichens „hellhöriger Säugling“, bleibt der Held aus freiem Entschluss klein wie ein Dreijähriger. Scharfzüngig geht er mit der Gesellschaft vor dem Krieg, während des Krieges und nach dem Zusammenbruch ins Gericht. Das Energiebündel Oskar verschleißt dabei eine Blechtrommel nach der anderen, und seine schneidende Stimme lässt Glas splittern. So kristallklar wie leidenschaftlich durchleuchtet der luzide Oskar zugleich seine eigene Familiengeschichte; er fördert Skurriles, Menschliches und Abgründiges zutage. Wie immer im Theatersommer spielt auch der Garten einen Part: Die Spannungslinien des Stücks verbinden sich mit der Naturkulisse zu einem überraschenden, poetischen, berührenden Theatererlebnis unter freiem Himmel.
Oliver Reeses Bearbeitung der „Blechtrommel“ als Solostück ist so überzeugend auf die Bühne gebracht, dass seine Fassung inzwischen weltweit Erfolge feiert. Dem Theatersommer kommt unübersehbar die pointierte Form entgegen, auf die das weit verzweigte Geschehen des Originals konzentriert wird. Die Ludwigsburger Inszenierung würzt die Dynamik des Dramas mit zwei haustypischen Zutaten: Zum einen wird der Blechtrommler durch Live-Musik begleitet. Zum anderen materialisiert sich an Oskars Seite ein Alter Ego, das erzählerische Resonanzräume eröffnet und bühnenwirksame Perspektivwechsel möglich macht.
PRESSESTIMMEN
Auf den Punkt inszeniert!
„Peter Kratz hat nun aus der Fassung Reeses in bewährter Theatersommer-Manier nochmals eine eigene Version für das Theater im Cluss-Garten destilliert. Und in Bernhard Linke hat er einen Schauspieler gefunden der allen Ansprüchen voll gerecht wird. Das vordergründig wohl auffälligste Element, dessen sich Kratz in seiner am Ende dann doch wieder sehr eigenen Theatersommer-Inszenierung bedient, ist, dass Linke nicht nur als ein Oskar Mazerath auf der Bühne steht. Vielmehr veranschaulicht Kratz die Figur des Jungen, der aus Ablehnung gegen die Welt der Erwachsenen in seinem dritten Lebensjahr beschließt, nicht mehr zu wachsen, und den eher aus späterer Sicht erzählenden, dann doch gewachsenen Oskar dadurch sehr plastisch, dass er Linke eine Puppe mit auf die Bühne gibt. Linke erzählt das unglaublich lebendig, aber doch in sehr stringenter Form, stets drängt diese Erzählung weiter, ohne wesentliche Punkte des Grass’schen Romans zu vergessen. So entsteht ein spannender Abend, der zügig durch die Geschichte führt. Auch trägt wesentlich dazu bei, dass Kratz mit Josephine Tancke eine Musikerin gefunden hat, die auf diversen Instrumenten nicht einfach nur die Untermalung liefert, sondern sehr aktiv und doch dezent in das Geschehen eingreift. Sie ist Stichwortgeberin, kurzzeitig Mitspielerin, sie macht elektronisch die Stimme, mit der der kleine Oskar jedes Glas zersingt, und sie hat ein Händchen dafür, mit ihrer Musik unterschwellig ihren Beitrag zum harmonischen, aber zügigen Fortgang der Story beizutragen. Und sie liefert auch die Leichtigkeit, mit der wundersamerweise das textlich ausgedünnte, aber auf den Punkt inszenierte Stück nicht nur spannend, sondern auch prima anzuschauen ist.“ – Ludwigsburger Kreiszeitung –
Schwindelerregendes Tempo – Eine emanzipierte Revue
„Immer wieder werden im Theater Werke der Weltliteratur verwurstet. Dass das auch gut gehen kann, beweist Peter Kratz beim diesjährigen Theatersommer in Ludwigsburg. Das Tempo der Erzählung ist teils schwindelerregend, Tiefe und Details kann man da nicht erwarten. Flach wird das dennoch nicht, weil diese vom Roman und auch vom Schlöndorff-Film emanzipierte Revue einen eigenen Sog entwickelt.
Das liegt wesentlich am zupackenden Spiel von Bernhard Linke,der mit ökonomisch eingesetzter Pantomime und einem Alter Ego aus Pappmaché diesen Gewaltmarsch durch Grass´ Buch in einen kurzweiligen Galopp-Ritt verwandelt. Ohne das engagierte Mitspiel von Josephine Tancke an Theremin, E-Piano, E-Bass und Perkussion-Instrumenten würde nicht nur der musikalische Kommentar fehlen. Tancke schlüpft mit viel Witz und Spaß am Klischee auch in die Charaktere von Bebra, Maria und dem Fräulein Spollenhauer und bietet Oskar die notwendige Paroli. So funktioniert der nachträglich auf den Spielplan gehievte, auf 80 Minuten gestraffte Abend erstaunlich gut.“ – Stuttgarter Nachrichten –
Flotter Abriss der Blechtrommel
„Dass Weltliteratur gut auf die Bühne passt, beweist der Intendant Peter Kratz beim diesjährigen Theatersommer in Ludwigsburg. (…) Wer diese schiere Fülle auf die Bühne bringen will, muss mutig sein. Peter Kratz, Intendant des Theatersommers in Ludwigsburg, hat sich an den Text herangetraut und ihn mit dem Oskar-Darsteller Bernhard Linke sowie der singenden und spielenden Multi-Instrumentalistin Josephine Tancke auf die weiß getünchten Bühnenbretter im Cluss-Garten gewuchtet. Kratz hatte Glück, dass ihm der Theatermacher Oliver Reese zuvorgekommen war und das Werk auf eine zweistündige Bühnenfassung für einen Spieler eingedampft hat.“ – Stuttgarter Zeitung –
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ZUSCHAUERZAHLEN
2020: 612* Zuschauende (*Corona-bedingte max. Zuschauerkapazität: 55 Plätze)
2021: 1.038 Zuschauende (*Corona-bedingte max. Zuschauerkapazität: 85 Plätze)